„Ich freue mich, dass uns wieder Topführungskräfte über die Digitalisierung in ihrem Haus informieren“, sagte Heribert Fritz, Vorsitzender der „initiative.ulm.digital“, bei der Vortragsveranstaltung „10 x 10 digital.konkret“ in der gut besuchten Kundenhalle der Sparkasse Ulm. Fritz lobte die Sparkasse als „digitales Vorzeigeunternehmen“. Hausherr Dr. Stefan Bill, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Ulm, gab das Lob zurück und bezeichnete die Initiative sowie die Vortragsveranstaltung als wichtig und wegweisend.
Nach Hans-Joachim Endress, Vice President Residential Sales & Service Europe and Pacific des Gartengeräteherstellers Husqvarna, macht allein schon die Größe des Unternehmens den Einsatz digitaler Techniken und Strategien notwendig. 15 000 Mitarbeiter in 28 Produktionsstätten weltweit müssten optimal vernetzt werden. „Wir sind ein altes, traditionsreiches Unternehmen, das aber oft so aktiv wie ein Start Up ist“, betonte der Geschäftsführer, der live in die Sparkassen-Kundenhalle geschaltet wurde. In der Vergangenheit habe man sich zu sehr auf den Verkauf der Rasenmäher und Bewässerungsanlagen über Vertriebsmitarbeiter und Händler konzentriert. Zum einen wandle sich das Einkaufsverhalten der Kunden in Richtung Internet, zum anderen gebe es große Probleme bei den Händlern Betriebsnachfolger zu finden. Daher konzentriere sich Husqvarna verstärkt auf E-Commerce und Webshops, vermeide aber Amazon und überlasse den Händlern das After Sale-Geschäft. Aus diesem Grund werde das digitale Marketing, zum Beispiel auch mit Influencern, verstärkt. Für Werbung und Verkauf braucht das Unternehmen laut Endress viele Informationen. „Wir wollen und müssen mehr wissen über unsere Kunden“. Und auch bei den Produkten gibt es einen Wandel von Benzin- zu Akku-Geräten und zu Apps, die unter anderem per Handy immer genauere Steuerungen von Mährobotern und Bewässerungssystemen ermöglichen, die die Gartenpflege erleichtern.
Ebenfalls mehr Daten über Objekte und Kunden will Johannes Hirn zusammenführen. „Mehr Daten für Kunden bedeuten mehr Qualität“, so Hirn. Der Geschäftsführer der Hirn Projekt GmbH in Ulm wies auf den Wandel im Maklerbereich hin, nämlich hin zu virtuellen Haus- und Wohnungsbesichtigungen und Beratungen per E-Mail. Mit der Digitalisierung wolle man ein einheitliches Qualitätsmanagement und auch ein papierloses Maklerbüro schaffen, Denkmuster aufbrechen und dadurch „mehr Zeit für den Kunden“ zur Verfügung haben. „Am Ende des digitalen Prozesses muss aber immer der Mensch stehen“, sagte Johannes Hirn.
Ganz andere Erfahrung mit der digitalen Transformation macht derzeit Petra Engstler-Karrasch, Geschäftsführerin der IHK Ulm. 79 IHK-Geschäftsstellen, darunter auch die in Ulm, wurden im Sommer Opfer eines Hacker-Angriffs. „Es herrscht Chaos und es gibt größte Schwierigkeiten, die verschiedenen Medien zusammenzubringen“, räumte Petra Engstler-Karrasch ein. „Wir sind nur bedingt arbeitsfähig“. Grundsätzlich müsse man die digitalen Veränderungen aktiv gestalten und begleiten. Dies werde dadurch unterstützt, dass die IHK Ulm die Digitalisierung im Verbund mit anderen IHK im Land vorantreibe. Diese Hilfe sei notwendig, sonst hätte die IHK die Flut der Anträge auf Corona-Soforthilfe, die über die IHK gelaufen sind, nicht bewältigen können, sagte die IHK-Geschäftsführerin.
Aus der Sicht einer Behörde informierte Landrat Thorsten Freudenberger über den digitalen Wandel, „der nicht nur Spaß gemacht hat“, im Landratsamt Neu-Ulm, wo in manchen Büros bis vor wenigen Jahren noch auf Schreibmaschinen getippt wurde. Wichtig sei, so der Landrat, „alle beim Prozess mitzunehmen und als Führungskraft selbst mit gutem Beispiel voranzugehen“. Da die Umstellung auf digital in einer Behörde „nicht eins zu eins möglich ist“ werde der Wandel mit einem Prozessmanagement begleitet. Und die Transformation geht voran: So gibt es im Landkreis Neu-Ulm schon über 200 digitale Antragsmöglichkeiten und für viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mobile und somit digitale Arbeitsplätze. Da aber nicht alle Landkreisbewohner internetaffin sind, helfe die Behörde mit digitalen Bürgerzentren im Kreisgebiet. Grundsätzlich sei der digitale Wandel ein Prozess, „für den wir jugendlichen Mut, manchmal auch Leichtsinn brauchen“, so Freudenberger.
„Ulm baut um“ lautet der Slogan der Ulmer Baubehörde, der auch für die digitale Transformation in Ulm und in der Stadtverwaltung gelte, betonte Martin Bendel, der aus Bonn zugeschaltet wurde. „Das ist ein schwerer Tanker, der den Wandel schaffen muss“, sagte der Ulmer Finanzbürgermeister. Die Stadt Ulm veranschlage pro Jahr rund drei Millionen Euro für digitale Projekte, 2000 der 3000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiteten mit mobilen Endgeräten und die städtische IT-Abteilung sei jährlich mit rund 20 000 Supportanfragen beschäftigt, verdeutlichte Bendel die Dimensionen. Mobiles Arbeiten sei für das städtische Personal möglich, auch dank E-Akten und allen wichtigen Infos im städtischen Netz. Für die Transformation benötige man ein „Roadmap“ mit Orientierung auf den Nutzen, schließlich wolle die Stadt „Mehrwerte schaffen“. Wichtig seien nach wie vor Datenqualität und Datenschutz sowie eine bessere Qualität der Lösungen für die Nutzer.
Steffen Maurer, Geschäftsführer der Maurer Veranstaltungstechnik GmbH, berichtete von der katastrophalen Entwicklung in der Pandemie für seine Branche. Seine Firma, bei Bedarf auch im Verbund mit sechs Partnerunternehmen als „Event Partner“, erweiterte „aus der Not“ die Dienstleistungen und richtete drei unterschiedlich große TV-Studios. Seitdem planen Maurer und „Event Partner“ digitale Kongresse und Firmenveranstaltungen. Die Teilnehmer saßen zuhause vor dem Bildschirm wurden aber in die Veranstaltung miteinbezogen und aßen das gleiche Gericht, dessen Zutaten nach Absprache tags zuvor geleifert wurden. Die 3D-Welt der „Event Partner“ vereint Entertainment, Messe und Informationen, die auch in mehreren Sprachen und verschiedenen Ländern gesendet werden und als Aufzeichnung sogar dauerhaft präsent sind und als Content hinterlegt und archiviert werden können. Auch wenn wieder Präsenzveranstaltungen möglich sind, würden die digitalen Möglichkeiten im Veranstaltungsbereich weiterhin angeboten und weiter entwickelt, getreu dem Grundsatz: „Das Beste aus beiden Welten“, versicherte Michael Demuth, Inhaber der Agentur ME und „Event Partner“.
Thomas Eifert, Geschäftsführer der gastromenü GmbH, arbeitet vielfältig digital, etwa mit APPs für die Bestellungen für 290 Kitas, die gastromenu beliefert, Webshops für Gutscheine und Event-Tickets. Und auch im Sterne-Restaurant „Seestern“, in dem der Gast seit 2019 nicht nur Tisch, Personenzahl, Tag und Uhrzeit reservieren, sondern auch Wein und Menü wählen sowie auf Wünsche wie vegetarisch oder auf Allergien verweisen kann. „Das nutzen in unserem Sterne-Restaurant 60 Prozent der Gäste“, so Eifert. Das habe nicht nur Vorteile für die Gäste, sondern auch für die Küche, die sich so perfekt auf den Abend und die Wünsche der Gäste vorbereiten könne. Einen Tag vor dem Termin erhält der Gast eine Erinnerung, mit der er die Reservierung bestätigen muss. Tut er das und erscheint aber nicht zum vereinbarten Termin werden 50 Euro je fehlendem Gast berechnet. Seitdem sei das allgemein die Gastronomie belastende Thema „No Show“, also reservieren, aber nicht erscheinen, im „Seestern“, in dem aktuell zwei Sterne-Köche arbeiten, kein Problem mehr, versicherte Eifert, der sich auch persönlich um die – ebenfalls online -abgegeben Bewertungen seiner Gäste kümmert. Sein Fazit: „Gastronomie und Digitalisierung passen sehr gut zusammen“.
Andreas Buchenscheit, Geschäftsführer der Ulmer Cortex Media GmbH, berichtete über vielfältige digitale Anwendungsmöglichkeiten von Infoseiten wie „Frag Mutti“ über digitale Hinweisgeber in Museen, aber auch von den Herausforderungen für große Unternehmen mit vielen Niederlassungen weltweit, diese immer gleichzeitig, stets aktuell und auch in den jeweiligen Landessprachen zu informieren. Das gelinge einfach und wenig aufwendig nur mit speziell konfigurierten Cloud-Lösungen. „Ein Browser reicht dafür nicht mehr aus“, so Buchenscheit, dessen Unternehmen speziell für diese Probleme Lösungen sucht und findet.
Voll gestopft mit Wissen genossen anschließend die Teilnehmerinnen und Teilnehmer das ganz reale Finger Food von Gastro Menü und nutzten die Möglichkeit zum zwanglosen Kontakten bei erfrischenden Getränken und coolem Barjazz mit Joe Fessele am weißen E-Piano mit Sängerin Lea Knudsen.