Die aktuelle Vortragsreihe 10×10 digital.konkret des Vereins „initiative ulm digital“ fand diesmal nicht in der Schalterhalle der Sparkasse Ulm statt, sondern wurde digital aus der Greenbox der Maurer Veranstaltungstechnik GmbH in Dietingen gesendet. Der Erfolg gab dem Format Recht: Über 250 Zuschauer verfolgten die Impulsvorträge zum Thema Digitalisierung und beteiligten sich danach engagiert an Diskussionen im Chat. „Wir hatten begeisterte Rückmeldungen zu Inhalt, Format und Technik“, berichtete Heribert Fritz, Vorsitzender der Digitalinitiative, der die Veranstaltung auch moderierte.
Brandaktuell war das Thema „Digitale Transformation in der Medizin“ von Professor Dr. Hans Kestler, Leiter des Instituts für Medizinische Systembiologie an der Universitätsklinik Ulm. Kestler wies auf Probleme hin, die die Digitalisierung an Kliniken erschweren, wie fehlende Datenerfassung und nicht kompatible Schnittstellen. Auch spielten ethische Fragen und Datenschutz in diesen sensiblen Bereichen eine wichtige Rolle. Ziel sei es, „Routinedaten“ zur Unterstützung der Behandlung von Patienten zu verwenden und Vergleiche mit anderen Patienten und Krankheitsverläufen in anderen Kliniken per Knopfdruck zu ermöglichen. Aktuell wurde im Frühjahr ein Corona-Test-Abfragesystem installiert, mit dem der Kommunikationsaufwand reduziert wird, sowie ein Betten-Dashboard, das freie Betten in verschiedenen Abteilungen und Kliniken meldet. Problematisch sei, so Kestler, dass „die Nachhaltigkeit fehlt“. Die Programme sind bis März 2021 finanziert. „Geld ist da, aber nur für wenige Monate“.
Dr. Stefan Bill, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Ulm, referierte aus der Sparkasse eigenen „Greenbox“ in der Neuen Straße. Das Geldinstitut treibt die Digitalisierung engagiert voran. „Die digitale Beratung wird weiter ausgebaut“, so Dr. Bill. „Die Kunden bestimmen aber den Beratungsweg: persönlich, digital oder beides“. In den vergangenen Monaten organisierte die Sparkasse Ulm nicht nur digitale Kundenveranstaltungen, sondern auch eine digitale Mitarbeiterversammlung mit über 500 Teilnehmern „und über 150 Fragen an den Vorstand“. Zur Mitarbeiter-Fortbildung gibt es regelmäßig Webinare und Vorträge. Aktuell forciert die Sparkasse ihr Engagement im Social Media Bereich in Facebook und Instagram. Dr. Bill: „Wir wollen alle Kunden erreichen“. Das große Engagement hat einen einfachen Grund: „Wir ändern uns, um relevant zu bleiben in der Region“, betonte der Vorstandsvorsitzende.
Ronja Kemmer, CDU-Mitglied der Enquete-Kommission „Künstliche Intelligenzin“ des Deutschen Bundestags, sagte: „Künstliche Intelligenz ist der nächste Motor der digitalen Transformation“. Die Kommission versuche Regeln dazu zu erstellen. Es gebe „lernende KI-Systeme“ und „ Regel basierte KI-Systeme“. Ziele der Kommission seien den Transfer von Forschung in Anwendung zu stärken, KI-Ökosystem aufzubauen und „Vertrauen zu schaffen“. Die Anwendungsbereiche von KI sind vielfältig, beispielsweise in Bildung, Gesundheit und natürlich in der Wirtschaft.
Sabine Meigel von der Stadt Ulm, die kurzfristig für den erkrankten Neu-Ulmer Landrat Thorsten Freudenberger eingesprungen war, informierte über die Digitalisierung in der Ulmer Stadtverwaltung. „Es passiert viel in ungeheurem Tempo“. so Sabine Meigel. So wurde eine „Roadmap zur digitalen Verwaltung“ erarbeitet und werde derzeit eine zentrale, kommunale Datenplattform geschaffen, weil „es eine eigene Infrastruktur braucht, um krisensicher zu sein“. Beim Thema Zukunftswerkstatt werden Bürgerschaft, Wirtschaft, Verwaltung und Wissenschaft eingebunden und vernetzt. Der Dialog mit den Bürgern funktioniere. „Themen werden auch in diesen Zeiten nicht verschoben, sondern werden digital besprochen“.
Arndt Geiwitz, Geschäftsführender Gesellschafter der SGP Schneider Geiwitz & Partner, berichtete von der digitalen Transformation in seinem Unternehmen mit rund 350 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an 24 Standorten. Wichtig für gutes Gelingen seien „Mut und Vertrauen, eine Strategie, organisatorische Prozesse und neue Geschäftsprozesse“. Parallel dazu müsse man „Mitarbeiter befähigen und Kapazitäten freisetzen“. In der Wirtschafsprüfung sei präsenzloses Arbeiten möglich, ebenso könne der Arbeitsfluss automatisiert werden. Ausschlaggebend sei, so Geiwitz, die Kunden einzubinden bei der Analyse der Daten und dem Prozesstiming. „In wenigen Jahren spielt Künstliche Arbeit bei der Wirtschaftsprüfung eine wichtige Rolle“, prophezeite der prominente Insolvenzverwalter aus Neu-Ulm. Die Transformation müsse „Chefsache sein, weil die Digitalisierung Bestandteil der Unternehmensführung ist“, sagte Arndt Geiwitz.