Eine Technologie, die verhindert, dass Kleinkinder oder pflegebedürftige alte Menschen unnötig lange in nassen und verschmutzten Windeln liegen? Die Digitalisierung weist auch dafür einen Weg. Das zeigte die Veranstaltung „10 x 10 digital konkret“ der „initiative.ulm.digital“ in der mit über 200 Besuchern gut besetzten Kundenhalle der Sparkasse Ulm.
Neun mal zehn, statt zehn mal zehn Digital konkret – weil Klaus Eder, Chef der Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm, aus beruflichen Gründen kurzfristig hatte absagen müssen, mussten sich die mehr als 200 Besucher im Saal der Sparkasse Ulm diesmal mit neun Kurzvorträgen begnügen. Was der Veranstaltung der Initiative Ulm.digital jedoch keinen Abbruch tat, wie sich nach den Referaten beim ausgiebigen Get together zeigen sollte. Heribert Fritz als Vorsitzender der Digital-Initiative zog zufrieden Bilanz. Fritz hatte durch den Vortragsabend geführt und besonders den anwesenden (neuen) Vorstand der Sparkasse Ulm, Herrn Ulrich Eisele und seine Gattin Sandra begrüßt. Die Sparkasse ist Schirmherrin der Veranstaltungsreihe.
Fritz hatte eingangs auch die Erfolge der Stadt Ulm im Bereich Digitalisierung gelobt, „die wir als initiative.ulm.digital e.V. sämtlich positiv und aktiv begleitet haben“. Besonders hoch einzustufen sei hier die Aufnahme in das Programm Smart City und Zukunftsstadt. Ulm ist hier eine von drei deutschen Städten. „Hier haben unser OB Gunter Czisch und Sabine Meigel super Arbeit geleistet.“ Fritz weiter: „Das wird einen richtigen Schub geben“.
Der erste Teil hätte getrost auch unter das Motto gestellt werden können: Digital mitten unter uns. Schließlich referierten mit den Chefinnen und Chefs der Familienbildungsstätte Ulm Andrea Bartels, des Generationentreffs Ulm/Neu-Ulm Johannes Stolz und der Volkshochschule Ulm Dr. Christoph Hantel (er ist seit kurzem Nachfolger der langjährigen vh-Leiterin Dr. Dagmar Engels) die Verantwortlichen dreier tief im Ulmer Stadtleben verankerten Institutionen.
Das zeigen ein paar wenige Zahlen: Die vh hat mit ihren 50 Beschäftigten und 600 Dozenten jährlich 50 000 Teilnehmer in 70 000 Unterrichtsstunden. Die stark auf die gesellschaftliche Teilhabe von Familien ausgerichtete Familienbildungsstätte – zehn Hauptamtliche und 380 Dozierende – bietet im Jahr 1750 Veranstaltungen in 18 000 Unterrichtseinheiten, an denen 25 000 Menschen vom Baby bis zur Großmutter teilnehmen. Ein Angebot, das nach den Worten von Andrea Bartels die „Komplexität der Lebenswirklichkeit von Familien widerspiegelt“. Den 2600 Mitgliedern des Generationentreffs werden Woche für Woche an die 100 Angebote unterbreitet, vom Vortrag bis zum Gesundheitskurs. Ein an Relevanz zunehmendes Thema, so Johannes Stolz: „Wir wollen unseren Mitgliedern, die im Schnitt 75 Jahres alt sind, erklären, was die digitale Welt ist und was sie für ihren Lebensalltag bedeutet.“
Bei aller Unterschiedlichkeit der Vorträge und der Temperamente der Referenten wurde deutlich, was auf alle drei Einrichtungen zutrifft: Die Digitalisierung spielt in der Weiterbildung eine zentrale Doppelrolle. Sie ist sowohl unverzichtbar für die organisatorische Arbeit der Institutionen selber als auch in deren Kursangeboten. Allen drei Einrichtungen geht es darum, ihre Zielgruppen aufs digitale Zeitalter vorzubereiten. Oder, wie Bartels es formulierte: „Eltern müssen lernen, relevantes Wissen von irrelevantem zu unterscheiden und dies ihren Kindern im Umgang mit digitalen Medien lernen.“
Nicht weniger Interessantes hatten die weiteren Referenten zu bieten: Marc Wiedbrauck (Neue Pressegesellschaft Digital GmbH) zeigte anhand seiner Lebensgeschichte auf, wie man mit einer Portion Eigeninitiative, Findigkeit und Witz als Digital-Unternehmer erfolgreich sein und Geld verdienen kann; die Chinesin Janet Qin (Steinbeis Hochschule Berlin) erklärte, welche Märkte die Digitalisierung deutschen Unternehmen in ihrem Heimatland eröffnet und rief Firmen auf, mit Mut Kooperationen einzugehen; der gerade mal 21 Jahre alte Student, Unternehmer und Mode-Influencer Tizian Fendt, der auf Instagram
75 000 Follower hat, machte deutlich, dass eine Karriere wie die seine ohne Internet und digitale Medien nicht möglich gewesen wäre.
Professor Dr. Ronald Blechschmidt von der Technischen Hochschule rief die regionale Unternehmerschaft auf, sich mit Rat und Tat an einem konkreten Gesundheitsprojekt zu beteiligen, an dem die Hochschule forscht. Es geht darum, an Diabetes 1 leidenden Menschen eine App an die Hand zu geben, die ihnen jederzeit und überall anzeigt, wie es um ihren Blutzuckergehalt bestellt ist. Blechschmidt: „Grüner Bereich? Oder muss mit Insulin reagiert werden?“ Es geht im Grunde um die digitalisierte Weiterentwicklung der in den 1980er Jahren durch den Ulmer Diabetes-Pionier Professor Ernst Friedrich Pfeiffer an der Uni erfundenen Ulmer Zuckeruhr. Eine solche App könne die Lebensqualität Zuckerkranker maßgeblich erhöhen, sagte Blechschmidt und rief voller Zuversicht aus: „Wir können das schaffen.“
Bereits geschafft hat es das Start-up-Unternehmen Curalana GmbH. Jedenfalls, wenn man seinem Geschäftsführer Dr. Frank Steinmetz Glauben schenkt. Womit wir beim eingangs angedeuteten, zunächst etwas anrüchig anmutenden Digitalprojekt wären. Im August eird eine in Steinmetz’ Unternehmen entwickelte Sensortechnik auf den Markt kommen, die für Aufsehen sorgen könnte: Dank Digitaltechnik konnte Curalana besagten Sensor entwickeln, der auf Windeln aufgesetzt wird und dann über jedes App-fähige Gerät die Information gibt, ob eine Windel feucht oder verschmutzt ist. „Wir wollen, dass kein Mensch länger als unbedingt nötig in seinen eigenen Ausscheidungen liegt“, sagte Steinmetz vor dem bass erstaunten Publikum. Es hatte zu hören bekommen, dass Pflegebedürftige pro Tag bis zu fünf Stinden in Ihrem eigenen Stuhlgang liegen. Nasse Windeln sind oft die Ursache für Rötungen, Wundliefen, Blasenentzündungen. Angesichts von allein 1,5 Millionen Pflegefällen in Deutschland könnte hier tatsächlich ein Quantensprung in der Altenpflege erreicht werden. Und, so der Protagonist: Der Sensor sei auch tauglich bei Babywindeln.